Neue Dienste als Alternative zu Open Access?

Neue Dienste

Mehrwerte für Telekommunikationsanbieter schaffen – Neue Dienste vs. Open Access

Bei staatlich geförderten Ausbauprojekten sieht der Gesetzgeber Open Access vor. Dadurch sollen gigabitfähige Anschlüsse noch schneller und effektiver ihren Weg zum Kunden finden. Doch kann Open Access tatsächlich einen Vorteil für ein ausbauendes Unternehmen darstellen, das ja den Hauptteil des Ausbau-Investments bereitstellt? Könnten stattdessen Neue Dienste einen besseren Weg bereiten, um ein Telko-Angebot für den Endkunden attraktiver zu gestalten oder sich vom Wettbewerb zu differenzieren?

Open Access in Fördergebieten

Mit der Verlagerung des Arbeitsplatzes in das heimische Wohnzimmer ist auch die Nachfrage nach höheren Bandbreiten gestiegen. Remote-Arbeitsplätze und Video-Calls erfordern damit einen stabilen Datenfluss. Zunehmend gibt es zahlreiche regionale und überregionale ausbauende Unternehmen, die sich mehr und mehr auch auf den ländlichen Raum konzentrieren. Die Tatsache, dass Fördergebiete laut Gesetzgeber für alle Anbieter geöffnet werden sollen, stellen die Unternehmen jedoch vor Herausforderungen. Denn für den Open Access sind entweder spezielle Plattformen oder entsprechend eingerichtete Schnittstellen notwendig.

Kosten vs. Mehrwert von Open Access

Der Arbeitskreis Schnittstellen und Prozesse hat für den einfachen Anbieterwechsel bei der Glasfaser die S/PRI Schnittstelle definiert. Die eindeutige Definition der Schnittstellen durch den Arbeitskreis ermöglicht eine klare und sinnvolle Netzumschaltung für alle Netzbeteiligten, vom Carrier bis hin zu Lieferanten entsprechender Softwarelösungen. Die automatisierten Wechselprozesse haben in den letzten Jahren den Anbieterwechsel für die Kunden enorm erleichtert.

Die Einrichtung einer S/PRI Schnittstelle erfordert jedoch einen finanziellen Aufwand für das ausbauende Unternehmen, die der Carrier neben seinen anderen Investitionen rasch wieder ausgleichen möchte (Return On Investment). Auch die Öffnung des eigenen Netzes gegenüber dem Wettbewerber wird zurückhaltend gesehen, denn momentan würde Open Access nur einen Teil der nationalen Ausbaugebiete betreffen und entsprechend regional konzentrierte Wettbewerbssituationen auslösen. Zudem ist fraglich, inwiefern eine zusätzliche Netzauslastung eines Wettbewerbers tatsächlich eine Kostendeckung im Vergleich zu einem eigenen Kunden bringt.

Große ausbauende Unternehmen können durch die Öffnung der NGA-Netze eine höhere Netzauslastung erreichen. Bis zum flächendeckend ausgebauten nationalen Gigabit-Netz ist es jedoch noch ein weiter Weg. Klar ist, dass zu lange an der traditionellen Kupferinfrastruktur festgehalten wurde. Und nur durch die Anstrengung vieler regionaler Carrier, Initiativen von Verbänden und einem politischen Willen zum Technologiewechsel in Richtung Gigabit-Glasfasernetz kommt es bald zu einem flächendeckenden Angebot von Gigabit-Datenraten für Endkunden und die weißen Flecken können geschlossen werden. Wenn der flächendeckende Ausbau abgeschlossen ist, können echte offene Netze einen fairen Wettbewerb ermöglichen. Die Anbieter sollten dann mit attraktiven Angeboten und Diensten punkten.

Attraktivität durch Neue Dienste steigern

Doch nicht nur die Home-Office-Arbeitenden und das Video-Streaming sind bei der Nachfrage nach höheren Bandbreiten zu berücksichtigen. Die Nutzung der internetfähigen Geräte wird in den nächsten Jahren weiter steigen und damit Netze weiter auslasten. Cloud-Dienste, aber auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sowie der Industrie benötigen höhere Bandbreiten und ein stabiles Backbone-Netz. Wichtig wird es sein mit neuen Diensten die Attraktivität des eigenen Glasfasernetzes, neben der Bandbreite, weiter zu steigern und sich darüber vom Wettbewerber noch stärker zu differenzieren. Derzeit liefert uns der Trend zur Virtual Reality, insbesondere unter Metaversum, ein gutes Beispiel dafür, wie neue Dienste und leistungsfähige Netze Hand in Hand gehen.

Sicher ist die Umsetzung solcher Lösungen für einen regionalen Anbieter eine zu große Anforderung. Trotzdem sind kleinere Lösungen bei einigen Stadtwerken schon in einer erfolgreichen Umsetzung. Denken wir an die angebotenen Smart-Home-Anwendungen, wie beispielsweise eine online Video-Überwachung von Haus und Hof.

Hier sind in der Zukunft kreative Produkte und Dienste gefragt. Wir sehen hier gerade die regionalen Netzanbieter im Vorteil, die sich mit besonders auf für ihre Region zugeschnittenen Diensten von überregionalen Anbietern erfolgreich differenzieren können. Sie kennen die lokalen Präferenzen ihrer Kunden.

Softwareunterstützung für alle Carrier/Telko-Modelle

Unabhängig davon, ob Firmen Netze selber ausbauen, vermieten oder anmieten, für eine effektive Netz- und Kundenverwaltung sind entsprechende Softwareprodukte notwendig. Die dimari GmbH bietet bereits seit über 20 Jahren mit der varioSuite ein Produkt, das hohe Automatisierung auf allen Ebenen bietet. Durch die Integration der WBCI, WITA und S/PRI-Schnittstellen ermöglichen Carrier Open Access oder greifen auf andere Netze einfach zu. Neue Dienste können ad hoc aktiv geschaltet werden.

Dieser Artikel ist im Jahrbuch 2022 des VATM erschienen.

Artikel Neue Dienste im VATM Jahrbuch 2022