Telko-Branchentagung 2024
Tagung rund um deutsche Unternehmensideen
Am 18. September 2024 trafen sich Vertreter aus der Telekommunikation zur Telko-Branchentagung 2024 im Schlosshotel in Kassel. In diesem Jahr ging es um das Thema “Gute Lösungen made in Germany “.
Bei den zahlreichen Schlagzeilen rund um den Glasfaserausbau sollten die guten Lösungen aus der Telekommunikation beleuchtet werden. Und die diesjährige Tagung hat gezeigt, dass es viele innovative Unternehmen und Geschäftsideen gibt, die wirklich interessante Lösungen für einen effektiven Ausbau und automatisierten Anschluss haben.
Im folgenden gibt es einen zusammenfassenden Bericht der Vorträge von Dr. Frederic Ufer, VATM, Felix Verfürth, 1&1 Versatel, Andreas Ohrt, OpenXS sowie Wolfgang Drost, Axiros.
Impressionen unserer Telko-Branchentagung 2024
„Das deutsche Glasfaser-Dilemma – positiv nach vorne schauen statt Trübsal blasen”
Um das “Glasfaser Dilemma” ging es bei dem Vortrag von Dr. Frederic Ufer. Als Geschäftsführer beim Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) e.V. ist er kontinuierlich in Kontakt mit Politik und Wirtschaft. Gemeinsam mit den Kollegen versucht er die Aufmerksamkeit der Politik auf die Problematik beim Glasfaserausbau zu lenken. Doch wieso sprach er vom Dilemma? Der VATM hatte festgestellt, dass fast 90% der Berichterstattungen im TV negativ sind. Und das sorge unweigerlich zu einer Abwehrhaltung seitens der Bevölkerung. Um Deutschland aber wettbewerbsfähig zu machen, brauchen wir Digitalisierung. Die Digitalisierung kann jedoch nur kommen, wenn unsere Netze über Glasfaser laufen. Er ergänzt: “Eigentlich wissen alle, dass wir es brauchen, aber wir fremdeln damit.” In anderen Ländern sind schon tausende Prozesse des öffentlichen Lebens, von der Geburt, der Heirat bis zum Tod digital. In Deutschland sind es lediglich um die 50 digitale Prozesse. Wir brauchen die Digitalisierung für die Energie- und Verkehrswende, die Verwaltungsmodernisierung sowie das Gesundheitswesen.
„Homes passed“ vs. „homes connected“ und „homes activated“
Trügerisch sind leider die Zahlen zum Glasfaserausbau, die die Bundesregierung veröffentlicht. Ziel ist es, bis 2030 100% “Homes passed”-Anschlüsse bereitzustellen. Das bedeutet leider nicht, dass dann jeder auf Glasfaser umstellen kann. Es bedeutet lediglich, dass die Leitungen an einem Haus vorbeiführen. Der eigentliche Anschluss bis in das Haus bzw. die Wohnung (NE3 & NE 4), „Homes connected“, oder sogar „Homes activated“ bedeutet jedoch weiteren Mehraufwand und Investitionen. Das wird leider von großen Playern
nicht so umgesetzt und deshalb von Branchenverbänden kritisiert. Was eigentlich zählt, um die Digitalisierung voranzubringen, wird leider nicht in den Zielen der Bundesregierung berücksichtigt. Dr. Frederic Ufer betonte, dass es auch manchmal ganz pragmatische Lösungen beim Glasfaserausbau geben könnte. Als Übergangslösung würden überirdisch verlegte Kabel, besonders im ländlichen Raum, eine gute Option bieten. Mit den nächsten Straßenbauarbeiten könnte das Kabel dann wieder unterirdisch wandern. Es gibt auch gute ressourcensparende Verlegemethoden, die noch viel zu wenig Anklang finden. Aber zu guter Letzt wurde klar, dass es besonders das Image gilt aufzubessern. Durch die negative Berichterstattung sehen die Menschen keine große Notwendigkeit von Kupfer auf Glasfaser zu wechseln. Dazu kann auch die Politik mit positiven Kampagnen beitragen.
Deutsche Dienste auf deutschen Netzen
Nichtsdestotrotz schaut er optimistisch in die Zukunft. Die Nachfrage nach höheren Bandbreiten steigt. Es gibt zahlreiche Hidden Champions in Deutschland deren Wertschöpfung groß ist. Wir müssten allerdings darauf achten, dass auch deutsche Dienste angeboten werden und das Glasfasernetz nicht nur für amerikanische und asiatische Dienste (z.B. Temu oder Amazon) von Nutzen ist. Dafür spielt jeder Anbieter, ob regional oder überregional, eine wichtige Rolle.
Zur Person Dr. Frederic Ufer
Dr. Frederic Ufer ist alleiniger Geschäftsführer des VATM. Davor leitete er im Verband über 15 Jahre den Bereich Recht und Regulierung. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Köln war der Jurist an der Universität zu Köln wissenschaftlich tätig. Dort promovierte er zum Thema „Providerhaftung“.
„Analyse der Wettbewerbssituation auf dem deutschen Festnetzmarkt.”
Andreas Walter, Geschäftsführer der Dialog Consult GmbH, erörterte im Rahmen seines Vortrags die Gründe der Problematik bei der Umsetzung flächendeckender Glasfaserversorgung, im Rahmen der Ausbauziele der Bundesregierung. Viele Haushalte warten derzeit auf die Fertigstellung ihres Hausanschlusses. Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2030 alle Haushalte in Deutschland mit einer Glasfaserleitung „bis ins Haus“ zu versorgen.
Jedoch sind noch nicht alle Haushalte angeschlossen. Herr Walter erklärt in seinem Vortrag den Unterschied zwischen „Homes passed” und „Homes connected“ und den voraussichtlichen Fortschritt von Homes Connected im Rahmen der Versorgung durch das Glasfasernetz.
Zur Person Andreas Walter
Andreas Walter bringt durch seine umfassende Beratungserfahrung innerhalb Industrien unter Deregulierungsdruck ideale Voraussetzungen für die Leitung von Beratungsprojekten in komplexen TIMES-Branchen mit. Er kennt die Anforderungen der industriellen Praxis zudem aus seiner Führungsrolle in einem Handelsunternehmen. Darüber hinaus lehrt er an der Hamburg Media School sowie an der Hochschule Rhein-Main.
„Open Access der Weg in eine vernetzte Zukunft”
Andreas Ohrt, Geschäftsführer der OpenXS, ging auf die Bedenken im Kontext von S/PRI und Open Access ein. Denn besonders die Wechselprozesse zwischen den einzelnen Anbietern sind komplex. Und da es über 260 Netzbetreiber in Deutschland gibt, muss die Kommunikation untereinander möglichst automatisiert erfolgen. Die Einführung einer S/PRI-Schnittstelle ist für die meisten jedoch zu aufwändig und die Vertragsstruktur schreckt so manchen ab.
Die OpenXS hat dafür eine Lösung: die Open Access Plattform in Zusammenarbeit mit der vitroconnect. Kleineren ISPs wird die Arbeit über ein
Webfrontend noch weiter erleichtert. Am Ende geht es laut Andreas Ohrt vor allem darum, die fertig ausgebauten Anschlüsse auch zu belegen. Im Schnitt sind noch ca. 50% frei. Diese gilt es besser auszulasten und zu vermarkten. Zusätzlich bietet die Open Access Plattform durch ein höheres Angebot, mehr Wahlmöglichkeiten für die Kunden und am Ende eine höhere Kundenzufriedenheit.
Zur Person Andreas Ohrt
Als studierter Nachrichtentechniker mit dem Schwerpunkt Digitale Signalverarbeitung, hat Andreas Ohrt bereits über 25 Jahre Telekommunikationserfahrung. Seit 2012 ist er bei OpenXS, dem unabhängigen Netzbetriebsdienstleister für Glasfasernetze, tätig und hält seit 2024 die Geschäftsführung inne.
„Best Practice Open Access – Chancen und Herausforderungen”
Felix Verfürth kümmert sich bereits seit zehn Jahren um die White Label Services bei der 1&1 Versatel. Mit seinem Team betreuen sie Stadtwerke und Carrier, die ganz flexibel über die White Label Plattform Dienste anbieten, Anschlüsse managen und Kunden verwalten können. Auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt gibt es viele Anbieter und Nachfrager. Über die Aggregationsplattform der 1&1 Versatel müssen die Nachfrager keine prozessuale Kopplung mit den Anbietern eingehen. Die 1&1 kümmert sich darum. „Befindet sich ein Partner im White Label Kosmos, so kann er den ganzen Kosmos der Plattform nutzen,“ erklärte Felix Verfürth. Durch den S/PRI-Standard erfolgt der Leitungswechsel automatisiert. Zwar ist die Komplexität durch die verschiedenen Anschlussarten gestiegen, aber der Anbieter selbst kann sich auf die integrative Lösung verlassen. Die dimari GmbH stellt dafür verschiedene Module zur Verfügung,
unter anderem das varioCRM mit dem S/PRI-Modul.
Das Besondere an der 1&1 Plattform ist ein deutschlandweites Access-Angebot. Ein Kunde, der beispielsweise von einem Bundesland in ein anderes zieht, muss demnach gar nicht seinen Anbieter wechseln, auch wenn dieser eigentlich nur regional ausbaut. Er kann bei seinem Anbieter bleiben und so den Service weiter nutzen. Dadurch vergrößern auch Carrier ihre Vermarktungsgebiete.
Zur Person Felix Verfürth
Felix Verfürth ist seit über 15 Jahren in der Telekommunikation tätig. Für die White Label Services (Wholesale) bei der 1&1 Versatel agiert er als Teamleiter. Felix Verfürth betreut die Partnerschaften und verantwortet die Geschäftsentwicklung für diesen Bereich.
„Aus einem Guss: Mit Axiros und dimari alle Netze einfach managen”
Die Provisionierung von vielen Routern ist mitunter aufwändig. Dass diese Prozesse möglichst reibungslos und automatisiert erfolgen, darum kümmert sich die Axiros GmbH. Wolfgang Drost, Partner & Product Manager, gab uns Einblicke in die neuesten Entwicklungen und das neueste Projekt.
Die FairNetz GmbH aus Reutlinen beispielsweise, baut seit zehn Jahren ihr Glasfasernetz kontinuierlich aus. Durch die steigenden Anschlüsse war eine Softwarelösung notwendig. Es wurde sich für die varioSuite der dimari GmbH entschieden. Eine besondere Herausforderung war dabei jedoch die Provisionierung der Router. Besonders regionale Carrier haben einen erhöhten Aufwand, Router zu scannen und dem entsprechenden Kunden zuzuordnen.
Durch die ACS-Lösung der Axiros GmbH, sind diese Schritte gar nicht mehr notwendig. Ist eine entsprechende Schnittstelle zwischen dem ACS und der varioSuite implementiert, so schließt der Kunde lediglich einen Router an.
Über das DHCP* wird die Art des Routers und eventuelle Netzbesonderheiten (wie z.B.: DOCSIS*) erkannt und automatisiert eine Verbindung zum Port geschaffen. Da für die Provisionierung lediglich die Line-ID benötigt wird, können die Kunden bei einem Umzug sogar ihren Router einfach mitnehmen. Die FairNetz hat für den Einsatz des ACS einen typischen Carrier Business Case erstellt und um die 180.000,- € Ersparnis errechnet. Eine entsprechende Case Study ist über Wolfgang Drost erhältlich.
* DHCP ist ein essentielles Netzwerkprotokoll für die automatische Zuweisung von Netzwerkparametern
* DOCSIS bezeichnet die Übertragung von Breitband-Internet über das Kabelnetz
Zur Person Wolfgang Drost
Als Partner & Product Manager betreut Wolfgang Drost bei der Axiros GmbH in der DACH-Region die Stadtwerke und Carrier. Er ist bereits seit über 25 Jahren im ITK-Bereich tätig und hat europaweit über 100 Kundenprojekte bei Providern umgesetzt. Als freiberuflicher Berater ist Drost mit smart-fttx in Sachen Netzwerkautomatisierung tätig.
Deutsche Lösungen für den Glasfaserausbau
Zum Schluss fasste noch einmal Diethard Kumpf, Geschäftsführer der dimari GmbH, die Tagung zusammen. Passend zum Tagungsthema „Gute Lösungen made in Germany“, haben die Vortragenden deutsche Konzepte vorgestellt. Es gibt viele gute Lösungen, die Deutschland im Bereich des Glasfaserausbau wirklich vorantreiben und vor allem die Effektivität beim Endkundenanschluss steigern. Diese müssen nur zielführend eingesetzt und von politischer Seite unterstützt werden.
Es wurde auch wieder klar, dass Überbau einfach keinen Sinn macht und uns auf dem Weg zur Digitalisierung nicht wirklich weiterhilft. Viel entscheidender ist, dass alle Hand in Hand arbeiten – lokale sowie überregionale Carrier und Netzbetreiber. Das Besondere an der Branche ist ein fast schon familiäres Verhältnis der Telekommunikationsunternehmen untereinander. Tagungen, Branchentreffen und Messen helfen allen Marktteilnehmern. Sie sorgen dafür, dass auch die Hidden Champions Aufmerksamkeit bekommen sowie deutsche Anbieter, Netzbetreiber und Softwareanbieter zueinander finden.
Vielen Dank an alle Referenten und Tagungsteilnehmer für die Einblicke und den Austausch zur Telko-Branchentagung 2024.
Informationen
Was wir bieten?
- Austausch mit Branchenvertretern in gemütlicher Atmosphäre
- Vorträge rund um aktuelle Themen der Telekommunikation, des Glasfaserausbau sowie Rechtliches
- Infostände und Networking
- Kaffeepausen, Snacks und Mittagessen
Location
Das Schlosshotel Wilhelmshöhe bietet eine angenehme Atmosphäre zum fachlichen Austausch. Bei Übernachtung, stehen der Pool und die Saunalandschaft zur Verfügung. Direkt daneben können Sie den, unter Weltkulturerbe stehenden, Bergpark Wilhelmshöhe besuchen.
Kassel – Documenta Stadt
Alle fünf Jahre treffen sich Künstler aus der ganzen Welt zur Documenta und verwandeln Kassel in eine interkulturelle Veranstaltungsstätte.